Spannende Zeilen zum Thema „Glück“
Literatur-Vereinigung holt die Verleihung der Literatur-Förderpreise von 2020 nach
Von Helmut Voith
Erschienen am 16. Oktober 2021 in der Schwäbischen Zeitung Tettnang
Tettnang
„Zum Glück“ ist das Thema des literarischen Wettbewerbs um den Förderpreis für Literatur gewesen, den die literarische Vereinigung „Signatur“ im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Volksbank Friedrichshafen-Tettnang zum neunten Mal ausgeschrieben hat. Die eigentlich für Oktober 2020 vorgesehene Preisverleihung wurde nun nachgeholt.
Da der Marktplatz der Volksbank zu eng geworden wäre, musste auf eine öffentliche Preisverleihung verzichtet werden, damit entfiel auch die Publikumsentscheidung um die Reihenfolge der drei Sieger. Volksbank-Vorstandsvorsitzender Jürgen Strohmaier versicherte jedoch zuversichtlich: „Die Literatur hat eine Heimstätte in der Bank, wir stehen auch für weitere Wettbewerbe zur Verfügung.“ So gab es diesmal im „Culinarium“ ein gemeinsames Essen von Signatur-Vorstand, Jury und Preisträgern mit Familien und danach die Lesungen.
Das vorangehende Essen diente dem gegenseitigen Kennenlernen. Wie Hajo Fickus aus der Jury berichtete, waren 120 Beiträge eingereicht und mehr als 100 anonym von der Jury gesichtet worden, zehn davon kamen in die engere Auswahl, aus denen die vierköpfige Jury mit Fickus, Monika Schüler, Monika Moser und Judith Tinnacher zuletzt die drei Sieger herausfilterte.
Fickus bekannte, dass das Team auch ein Jahr später noch zur beschlossenen Auswahl stehe und dass es wieder besonders schwierig gewesen sei, die endgültige Reihenfolge festzulegen, denn die Qualität sei sehr überzeugend gewesen - alle drei seien die Sieger. Diese haben ein Studium hinter sich, sind auch schon bei anderen Wettbewerben hervorgetreten, haben schon in Anthologien veröffentlicht. Für den Wettbewerb dürfen nur unveröffentlichte Texte eingereicht werden.
In alphabetischer Reihenfolge las erst Franka Höger ihren Beitrag „Lichtwolke“. In ihrer Ich-Erzählung lässt sie die Leser in einem inneren Monolog teilnehmen an Gedanken, die sie bei Nacht bestürmen, am Schlafen hindern, bis sie zum Schreibtisch geht und zum Stift greift. Das Ende bleibt offen, es ist kein gerader Weg zum Glück. Die innere Befindlichkeit des Ich kommt in poetischer Sprache heraus, zieht die Zuhörer in den Bann: Schreiben dient hier dazu, sich die Angst von der Seele zu schreiben.
Ein wenig spitzbübisch folgte Gregor Lochers Text „Tim und Svenja gehen wandern und werden trotz Outdoor-Jacken nass“. Er beschreibt Beobachtungen bei einem Wanderausflug mit Freunden, findet ungewohnte Bilder - „Ein Zimmer ist doch noch immer die beste Outdoorjacke“ - und auf den Punkt gebrachte Beobachtungen.
Lavina Stauber las zuletzt über „Verkopftes Glück“. Sie lässt den Leser an einem Date teilhaben, das wieder in „unbeholfenem Chaos“ endet, und fragt dabei: „Ob es etwas wird mit uns beiden? Ob wir es wieder vergeigen? Was ist das eigentlich, was zwischen uns liegt?“. Sie findet die Worte, die schwierige Beziehung abzutasten. Es kommt zum Ausdruck, es berührt.
Hajo Fickus übergab die mit 500, 300 und 200 Euro dotierten Preise: den ersten an Gregor Locher, den zweiten an Franka Höger und den dritten an Lavina Stauber. Zum Abschluss las Fickus pointierte Aussagen von Dichtern wie Heine, Brecht oder Raimund zum Thema Glück. So gelungen der Abend auch war, sehnten sich doch alle für die nächste Auflage nach der Veranstaltung auf dem Marktplatz der Volksbank.
Bild zur Meldung: So sehen Sieger aus: Jürgen Strohmaier und Angelika Banzhaf (außen) mit den Siegern (von links) Franka Höger (zweiter Platz), Gregor Locher (erster Platz) und Lavina Stauber (dritter Platz). (Foto: Helmut Voith)